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Optimierte Bildgebung in Radiologie und Nuklearmedizin

Optimierte Bildgebung in Radiologie und Nuklearmedizin

MRT mit wachsender Bedeutung für die Strahlentherapieplanung

Bei der 49. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Physik (DGMP), die vom 19.–22. September 2018 gemeinsam mit der 21. Jahrestagung der Deutschen Sektion der International Society for Magnetic Resonance in Medicine (ISMRM-DS) in Nürnberg stattfindet, steht die Medizinische Physik und ihre klinische Anwendung in Diagnostik und Therapie im Fokus. Experten präsentieren die neuesten Forschungsergebnisse und Spitzentechnologien auf dem ständig wachsenden Gebiet. Die Tagungsleiter der DGMP Prof. Dr. rer. nat. Christoph Bert (Strahlenklinik des Uni-Klinikums Erlangen) und Dr. rer. nat. Michael Wucherer (Klinikum Nürnberg), sowie der Tagungsleiter der ISMRM-DS Prof. Dr. rer. nat. Frederik B. Laun (Radiologie des Uni-Klinikums Erlangen) stellen Schwerpunkte und Highlights des hochkarätigen Kongresses vor und geben bereits vorab erste Einblicke in die neuen technologischen Trends, die von den beiden wissenschaftlichen Fachgesellschaften vorgestellt und diskutiert werden.

Kerstin Aldenhoff: Das vielfältige wissenschaftliche Programm beim Gemeinschaftskongress der DGMP und der ISMRM-DS bietet aktuelle Ansatzpunkte für einen fachlichen Austausch der beiden Gesellschaften. Die Bedeutung der Magnetresonanztomographie für die Strahlentherapieplanung wächst. Welche neuen Impulse gibt es?

Prof. Bert: "In Deutschland wurden in den letzten Monaten die ersten MR-geführten Linearbeschleuniger installiert. Diese Systeme zeigen den Stellenwert der MRT in der Strahlentherapie und erinnern daran, dass die beiden Disziplinen noch enger zusammenarbeiten sollten. Ich erwarte erste Ergebnisse aus den beteiligten Gruppen und spannende Diskussionen über die MR-Nutzung in der Strahlentherapie im Allgemeinen."

Prof. Laun: "Um das Potential dieser neuen Technik zu nutzen wird eine sehr enge Kooperation zwischen den beiden Disziplinen unabdingbar sein, beispielsweise um Bewegungsinformation aus Bilddaten in der Therapie zu nutzen."

Dr. Wucherer: "Die Medizinische Physik ist ein interdisziplinär agierendes Fach. Insbesondere die von Physik und Technik so dominant sich weiterentwickelnden Fächer wie Radiologie, Strahlentherapie, Nukleramedizin oder z.B. Audiologie sind angewiesen auf Fachtagungen, um sich gegenseitg auszutauschen. Der Austausch mit den Kollegen der MRT-Physik ist da immer eine große Chance. Die MRT bietet phantastische Möglichkeiten, Weichteilkontraste darzustellen und molekulare Bildgebung zeitaufgelöst für die Tumorbestrahlung zur Verfügung zu stellen."

Kerstin Aldenhoff: Ein wichtiger Tagungsschwerpunkt mit diversen Fort- und Weiterbildungsangeboten und Hands-on Workshops liegt in der Optimierung der bildgebenden Verfahren in Radiologie und Nuklearmedizin. Spannende Themen sind z. B. der Einfluss ionisierender Strahlung und MRT auf aktive Implantate sowie Entwicklungen zu Techniken und Anwendungen von Hyperpolarisation in der MRT. Inwiefern bietet der interdisziplinäre Austausch neue Impulse für weitere wissenschaftliche Diskussionen?

Prof. Laun: "Die von Ihnen genannten Workshops zur Optimierung der bildgebenden Verfahren, insbesondere im Bereich der Strahlentherapieplanung, sind ein gutes Beispiel. Optimale Ergebnisse können hier nur durch enge Kooperation zwischen Therapeuten und Bildgebern erreicht werden." 

Prof. Bert, Dr. Wucherer: "Interdisziplinarität erweitert den Horizont und hat damit oft das Potential durch die Zusammenarbeit die eigene Forschung weiterzubringen, da oftmals neue Aspekte einfließen."

Kerstin Aldenhoff: Weitere aktuelle Themen sind Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data in Strahlentherapie und Diagnostik. Welche Impulse und Diskussionen sind in diesen Bereichen zu erwarten?

Prof. Bert: "Diese Themenkomplexe sind noch am Anfang, werden das Feld aber deutlich beeinflussen. Neben den inhaltlichen Bewertungen wird sicher auch über den Einfluss der KI auf das Arbeitsumfeld in der Medizinphysik diskutiert, da die KI mittelfristig vermutlich die Art der Arbeit eines Medizinphysikers ändern wird."

Dr. Wucherer: "Die KI wird mittelfristig bereits die Medizin sehr stark beeinflussen und verändern. Damit einhergehend werden sich auch gravierend die Tätigkeiten und Aufgaben der Medizinphysiker verändern. Auf Grund der Herausforderungen in der Medizintechnik und -informatik werden hier die Medizinphysiker besonders gefordert sein. Qualitätssicherung und Strahlenschutz sind auch dann wesentliche Aufgaben, einhergehend mit Fragen der Ethik in der Medizin und Technik.

Kerstin Aldenhoff: Zu den aktuellen Themen sind wieder hochkarätige Wissenschaftler eingeladen, die ihre neuen Forschungsdaten vorstellen, z. B. aktuelle Entwicklungen im Gebiet der Audiologie zur Erforschung und Unterstützung des Hörsinnes durch Cochlea-Implantate. Welche der spannenden Vorträge würden Sie besonders hervorheben?

Dr. Wucherer: "Hier möchte ich unsere Highlight-Sitzungen besonders herausheben, die an jedem Kongresstag am späteren Vormittag alle Kongressteilnehmer zusammenführen sollen und abschließend zu Diskussionen einladen."

Prof. Laun: "Ich freue mich besonders auf die beiden Plenarsitzungen der zwei Fachgesellschaften, die sicherlich spannende Einblicke bieten werden. Beispielsweise werden im Vortrag 'Thermische Magnetresonanz an der Schnittstelle zwischen Physik, Medizin und Biologie' von Thoralf Niendorf ganz neue Ansätze zur Nutzung von Temperatureffekten in Diagnostik und Therapie vorgestellt."

Kerstin Aldenhoff: Mit Spannung wird die gemeinsame Sitzung mit der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) erwartet - der größten physikalischen Fachgesellschaft der Welt -, bei der es um neue Detektoren für medizinisch-physikalische Anwendungen geht. Worauf liegt der Fokus der Diskussion?

Prof. Bert: "Zwischen DPG und DGMP besteht seit Jahren ein enger Austausch, auch vor Ort, hier im Medical Valley. Der Schwerpunkt in diesem Jahr liegt bei Detektorentwicklungen für die Protonenund Ionentherapie, die prinzipiell sehr an das Tumorvolumen angepasste Bestrahlungen erlaubt, aber in Bezug auf Reichweiteunsicherheiten noch deutliches Optimierungspotential hat."

Dr. Wucherer: "Aber auch Detektoren sollen die Diagnostik auf Grund bisher noch nicht verfügbarer energieaufgelöster Bilddaten die Differenzierung von Geweben verbessern."

Kerstin Aldenhoff: Der Strahlenschutz bleibt eine große Herausforderung - auch wenn die Strahlenbelastung bei medizinischen Untersuchungen in den letzten Jahrzehnten durch technische Weiterentwicklungen kontinuierlich zurückgegangen ist. Welche Rolle spielt der Strahlenschutz bei der Tagung vor dem Hintergrund der neuen Strahlenschutzverordnung? Welche Möglichkeiten werden diskutiert, die Strahlenbelastung für Patienten und Personal noch weiter zu senken?

Dr. Wucherer: "Die Strahlenexposition durch Röntgenbildgebung (einschließlich CT) steigt weiter an, auch wenn moderne Geräte erlauben, mit geringeren Dosen gute Bilder zu erzeugen. Neben der Rechtfertigung durch Mediziner soll die Optimierung der Untersuchungen - insbesondere bei den dosisinteniven - zukünftig verstärkt durch fachkundige Medizinphysiker vorangetrieben werden. Aus diesem Grund hat die europäische Union und dementsprechend die Bundesregierung entschieden, verpflichtend Medizinphysiker in großen Krankenhäusern und Uni-Kliniken zu fordern, die dann auch in Arztpraxen und kleinen Häusern zur Unterstützung zur Verfügung stehen sollen."

Kerstin Aldenhoff: Nachwuchswissenschaftler bekommen beim Kongress vielfältige Anregungen, mit renommierten Experten ins Gespräch zu kommen und Kontakte zu knüpfen. Welche Ansatzpunkte der Nachwuchsförderung bietet die gemeinsame Fachtagung schon für Schüler und Studenten?

Prof. Bert: "Nachwuchsförderung ist seit Jahren ein wichtiger Aspekt der DGMP Tagung. Neben einem Schnuppertag für Schüler wird ein ganzer Track durch den Arbeitskreis Junge Medizinphysik der DGMP organisiert inklusive einer Fachsitzung 'Jung und alt', in der sich erfahrene Mitglieder mit den Studierenden und Promovierenden austauschen. Ein Highlight wird sicher auch das 'Young Investigator Forum', in dem sechs Nachwuchswissenschaftler ihre Arbeiten präsentieren."

Prof. Laun: "Zudem wird es noch eine zusätzliche Sitzung 'Meet the Company' geben. Ich glaube, dieses Programm ist insgesamt sehr attraktiv und bietet umfangreiche Möglichkeiten, sich über Karrierechancen zu informieren und Kontakte mit potentiellen zukünftigen Arbeitgebern zu knüpfen."

Kerstin Aldenhoff: Ein besonderes Thema dieser Tagung ist Radiologie zu NS-Zeiten am Freitag, 21. September, mit einer begleitenden Sonderposterausstellung. Im Rahmen des Kongresses wird es einen Vortrag dazu geben, zu dem auch die Öffentlichkeit eingeladen wird. Weshalb ist das ein wichtiges Thema?

Dr. Wucherer: "Die Lehren, die eine Gesellschaft und insbesondere auch die Wissenschaft aus den Auswirkungen von Nationalsozialismus und Rassismus gezogen hat, muss regelmäßig allen Kolleginnen und Kollegen in Erinnerung gebracht werden. Gerade in den heutigen Zeiten und an unserem Tagungsort ist dies auch für unsere Fachgesellschaften eine Verpflichtung."

Prof. Bert: "Dieses Thema ist immer aktuell und speziell am Standort Nürnberg von Bedeutung. Es war uns daher ein Anliegen, auch die Öffentlichkeit in diese Thematik einzubeziehen."

Kerstin Aldenhoff: Wir bedanken uns sehr herzlich für das Interview!

Kongresshomepage mit Tagungsprogramm und wissenschaftlichem Programm

Weitere Informationen:

Prof. Dr. rer. nat. Christoph Bert
Telefon: 09131 85-44213 
E-Mail: christoph.bert(at)uk-erlangen.de

Prof. Dr. rer. nat. Frederik B. Laun
Telefon: 09131 85-45622
E-Mail: frederik.laun(at)uk-erlangen.de